Donnerstag, 14. März 2013

Take a ride

Meine Eltern sind in der Stadt. Mein Papa wird am Wochenende 60, anlässlich seiner hier statt findenden Feier gönnen sie sich nun ein paar Tage in einem Wellnesshotel. Und heute wollte er zum Friseur gehen, um dem Alass entsprechend schick zu sein. Also machte ich bei meiner Stammfriseuse einen Termin für ihn aus und holte ihn nachmittags vom Hotel ab.

"Fahren wir schon mit meinem Auto, Purzerle, oder?", fragt er mich. Purzerle, so nennt er mich seit meiner Kindheit. Er hört einfach nicht damit auf. Aber glücklicherweise verwendet er diesen Namen nur noch, wenn wir alleine sind. 
"Ne Papi, ich dachte, wir nehmen meinen Jonas. Ich kenne ja hier die Wege und dann geht das schneller."
Unüberzeugt steigt er auf der Beifahrerseite ein, er ist weder ein guter Beifahrer, noch ist er es gerne. Er weiß nicht, wohin mit seinen Beinen, in meinem rostigen Kleinstwagen ist da natürlich nicht soviel Platz wie in seinem nagelneuen Kombi.
"Ich habe ja nun ein Sportlenkrad", erzählt er stolz. 
"Die sind so ein bisschen kleiner als die normalen, oder?", erkundige ich mich, als ich gewohnt geschmeidig um die Kurven fahre. Aus dem Augenwinkel registriere ich, wie er sich am Türgriff festklammert. Das geht ja gut los. Gleich mal die Musik lauter drehen, im Radio läuft gerade ein gutes Lied. Nun wird er richtig nervös, versucht aber, sich nichts anmerken zu lassen. 
"Äh, ja", antwortet er, sichtlich von meiner Fahrweise abgelenkt. "Aber ein größeres Lenkrad braucht man auch nicht."
"Das haben sie beim Steuerrad von der Titanic auch gesagt und du weißt ja, was passiert ist." Darauf fällt ihm nichts ein. Er umklammert den Türgriff nur noch etwas fester. Vielleicht mache ich noch mein Fenster einen Spalt auf, so wie früher, als meine Schwester und ich hinten saßen. Das hat ihn immer rasend gemacht. Gott weiß, wieso. 
Wir fahren auf den nächsten Ort zu. 
"Purzerle, hier ist auf siebzig Stundenkilometer begrenzt, hast du das gesehen?!", platzt es aus ihm heraus, als ich - zugegeben mit leicht erhöhter Geschwindigkeit - an dem Schild vorbei fahre.
"Aaaach", sage ich gedehnt, "das ist eigentlich mehr eine Empfehlung als eine feste Regel." Ein Grinsen muss ich mir mittlerweile verkneifen. Ich mag meinen Fahrstil und hatte bisher damit nie Probleme. Meine Laune ist gut, vor uns ist die Sonne. Mein Vater dagegen guckt wie eine Gewitterwolke.
"Jetzt sind wir gleich da", beruhige ich ihn, denn mittlerweile ist er ein bisschen grau im Gesicht. Vermutlich die Anspannung. Zugegeben: er ist ein einziges Mal bislang bei einer seiner Töchter mitgefahren. Damals bei meiner Schwester. Und bei dieser Gelegenheit fuhr sie beim Ausparken gegen einen Container und verursachte einen nicht unerheblichen Blechschaden. Aber dafür kann ich ja nichts.
"Guck, da vorne ist schon der Friseur!" Ich parke rückwärts ein und erleichtert steigt mein Vater aus.
"Ich dachte nicht, dass wir hier ankommen", murmelt er halb zu sich selbst. 

Ich schätze, so schnell wird er mir nicht mehr ins Auto steigen.

4 Kommentare:

  1. mein Papa war da ganz locker...meine Mutter war früher die schlechteste Beifahrerin aller Zeiten...hat immer mitgebremst und schon 2 Kilometer vorher geschrieen, dass ich blinken und gefälligst abbremsen soll, wenn ich abbiegen möchte
    mittlerweile will sie gar nicht mehr selber fahren und lässt sich gemütlich von mir durch die Gegend kutschieren...aber manchmal hält sie sich doch noch heimlich am Türgriff fest ;)

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    1. Ja, der liebe Türgriff ;)
      Meine Mama ist da ebenfalls sehr entspannt. Die lässt den fahren, der fährt. Ich bin da auch so. Und mein Mann hat es schon lange aufgegeben, mir beim Fahren rein reden zu wollen. Aber mein Papa kann da nicht anders ;)

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