Montag, 21. Mai 2012

Bloggen von A bis Z - O wie Online

Als ich vierzehn Jahre alt war, verbrachte ich fast meine gesamte Freizeit im Internet. 
Ein Jahr zuvor hatten wir unseren ersten Computer bekommen. Meine Mutter ging und geht diesem ihr unheimlichen Kasten aus dem Weg. Auch meine ältere Schwester konnte dem neuen Gerät nichts abgewinnen. Ich dagegen brachte mir in Rekordzeit alles bei, was ich über Computer wissen musste. Noch heute ruft mein Vater mich an, wenn er ein neues Programm installieren möchte oder ein Softwarefehler aufgetreten ist. 

Mit vierzehn jedenfalls befand ich mich in der Hochkonjunktur einer Revoluzzer-Phase,  die sich gegen die Autorität meiner Eltern richtete. In diversen Chats traf ich andere, gleichaltrige Jugendliche, die ihre Eltern auch blöd fanden. So hatte man schnell ein gemeinsames Gesprächsthema gefunden.
Allerdings gefiel es mir im Internet ein bisschen zu gut. Ich vernachlässigte bestehende, reale Kontakte und tat nicht genug für die Schule. Als es dann noch in der Schulclique Krach gab und man auseinander ging, konzentrierte ich mich ganz auf meine virtuellen Freunde. In einer Lebensphase, in der man versucht, sich selbst zu finden oder zu erkennen, kommt mir das rückblickend etwas einseitig vor. 
Doch erstaunlicherweise sind es die virtuellen Freunde, die geblieben sind. Viele Teenagerfreundschaften oder Schulbekanntschaften überlebten einen Schulwechsel oder Umzug nicht. Doch zu den Leuten, die ich vor gut dreizehn Jahren in einem Chat kennen lernte, habe ich immer noch Kontakt. Wir beobachten uns gegenseitig, wie wir heiraten und Kinder bekommen oder ins Ausland ziehen, um zu arbeiten oder zu studieren. Wir treffen uns ab und an, manchmal für einen Kaffee, manchmal für einen Nachmittag. Diese Freundschaften sind nicht schlechter als andere, nur weil sie auf einer anderen Ebene statt gefunden haben. Ohne das Internet hätte ich diese Menschen nie kennen lernen können. Ich sehe sie als Bereicherung für mich und mein Leben. Ich hoffe, sie sehen das ähnlich. 

4 Kommentare:

  1. Virtuelle Freundschaften - sind das wirklich Freundschaften? Bekanntschaften würde ich es eher nennen. Bei Freunden ist die Verbindung aus meiner Sicht stärker und da braucht es für mich auch die Begegnung, die gemeinsame Zeit, das gemeinsame Erleben, den direkten ungefilterte Kontakt in Echtzeit.

    Das Wort Bereicherung will mir aus ähnlichem Grund nicht wirklich gefallen. Austausch vielleicht, bestenfalls Anregung, aber Bereicherung.

    Eventuell sind meine Internetkontakte schlichtweg nicht so intensiv wie deine.

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    1. Das kann sein...ich hätte vielleicht dazu schreiben sollen, dass ich mich mit besagten Freunden im Lauf der Jahre häufig getroffen habe und mit einer in Urlaub gefahren bin. Das lässt für diese Personen bei mir die Grenze zwischen virtueller und realer Freundschaft verschwimmen.

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  2. Ich habe in einem Forum auch einen kleinen "Freundeskreis".
    Wir kennen uns zwar alle nicht real und klar,die können mir einen vom Horst erzählen,ich "muss" es ja so glauben.
    Aber spätestens dann,wenn einem bei "Problemen" die eigene Telefonnummer gegeben wird,wird aus virtuell real.

    Liebe Grüße von Pia

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    1. Ja, das mit dem Telefonnummerntauschen kenne ich. Das war bei uns damals auch immer ganz hoch im Kurs. An die Telefonrechnungen von damals mag ich gar nicht denken ;)
      Schön, dass du auch im Internet so liebe Ansprechpartner hast.

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